Ofenpass-God da Tamangur-S-charl

vom Ofenpass über die Fuorcla Funtana da S-charl, durch den Arvenwald God da Tamangur nach S-charl

Donnerstag, 25. Juni 2020, ca. 4 h, ca. 14 km, ⇑ 780m ⇓ 430 m

Endlich wieder Graubünden, und sogar das Engadin, was habe ich für ein Glück an meinem arbeitsfreien Tag.

Ich dachte zuerst an eine Wanderung im Schweizerischen Nationalpark. Da meldete sich Maya, dass sie Zeit hätte, wieder einmal mit mir wandern zu gehen. Wie schön, im letzten Jahr ergab sich nie eine Gelegenheit dazu. Nur, ihr Hund Simon, der immer gerne mitkommt, darf nicht in den Nationalpark, so musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Kurzfristig buchte ich online eine SBB Tageskarte für 59.- um somit flexibel entscheiden zu können, wo es dann hingehen soll, (solange es in Graubünden ist).

Dann kam mir der Gedanke, dass ja das Val Müstair mit dem Ofenpass bereits ausserhalb des Nationalparks liegt. Ich meine, dass dieses Wandergebiet genau so viel an landschaftlichen Schönheiten zu bieten hat. Sogleich fällt mein Gedanke an das God da Tamangur, dem höchstgelegenen Arvenwald Europas. Letzten Sommer bin ich während meiner Mehrtageswanderung entlang der Via Son Giachen durch dieses märchenhafte Waldstück gelaufen, weshalb also nicht gleich noch einmal da hin, zu einer anderen Jahreszeit und von einer anderen Seite herkommend.

Die Anfahrt von Zürich über Landquart, durch den Vereinatunnel und Zernez ist relativ einfach, am bequemsten natürlich mit der Bahn. Eine Fahrt mit der Rhätischen Bahn durchs Prättigau und ins Engadin ist bereits ein Genuss. In Zernez sah es zuerst so aus, als ob es im Bus Richtung Müstair recht eng werden könnte und dass kaum genügend Sitzplätze vorhanden sein würden, doch dann wurde ein Zusatzbus aufgeboten, so dass alle sitzen durften. Das ist angenehmer für eine Passfahrt und auch sicherer, die meisten Fahrgäste waren ja Senioren.

Kurz vor zehn Uhr kamen wir auf dem Ofenpass an. Auch wenn ich ursprünglich gleich loslaufen wollte, schlug ich vor, zuerst einen Kaffee trinken zu gehen. Wir machten uns aber bald auf den Weg, dieser führt gleich gegenüber dem Hotel Süsom Givè hoch. Ein Bär (aus Holz) erwartete uns bereits, und erhielt gleich noch mehr Gesellschaft, ein Postauto vom Münstertal brachte eine grössere Wandergruppe. Maya und ich schauten einander stumm an und dachten vermutlich beide dasselbe «müssen wir nun im Gänsemarsch da hoch»?  doch gleich nachdem alle die paar steinigen Stufen hinauf gestiegen waren, versammelten sie sich um die Wanderleiterin, die ihnen über Flora und Fauna zu berichten anfing, das bot uns die Gelegenheit, an allen vorbei zu laufen mit dem Gedanken, dass, wenn die in diesem Tempo weiterlaufen würden, sie kaum den selben Weg wie wir gehen würden, sondern eher die kürzere Wanderung nach Lü machen werden.

Ein breiter Alpweg ohne Steigung führt nach Süden, der führt auch nach Lü. Bald zweigt unser Weg links ab hinauf zur Fuorcla Funtana da S-charl. Der Bergwanderweg wird nun steiler, jedoch ungefährlich und gut zu begehen. Es scheint eine recht beliebte Wanderroute zu sein. Wir begegnen ein paar weiteren Wanderern, auch solchen, die in Gegenrichtung unterwegs waren. Ein paar Mal musste ich anhalten um kurz zu verschnaufen und die Berge rundherum zu betrachten, dieses beglückende Gefühl von Bergen umrundet zu sein habe ich in den letzten Monaten sehr vermisst. Mit meinen Blicken in die Gehrichtung versuchte ich, die Fuorcla, also den Übergang ins Val S-charl auszumachen. Es ging jedoch noch ein paar Mal um die Hügel herum. Später kamen wir an einem Skilift vorbei und hatten somit den höchsten Punkt fast erreicht. Die Fuorcla ist eigentlich eher eine grüne Hochebene und nicht das, was ich mich sonst gewohnt bin, eine schmale Kante auf der es gleich wieder steil herunter geht. Zum hinsitzen war es uns doch etwas zu kühl und wir beschlossen, erst weiter unten unsere Mittagspause zu halten. Gut gestärkt, denn wir hatten beide guten und genügend Proviant dabei, (man weiss ja nie), machten wir uns an den restlichen Abstieg zur Alp Astras. Bereits konnte ich Maya zeigen, wo das Naturwaldreservat God da Tamangur liegt. Diese Hangseite steht grad voll in ihrer Blumenpracht, oben waren es vermehrt die Enziane und weiter unten die Alpenrosen. Da konnten wir nicht widerstehen, ein paar Fotos zu machen und uns an den schönen Blumen zu freuen. Überhaupt habe ich noch nie so einen fülligen Alpfrühling erlebt, entweder war die Blütezeit schon vorbei bis ich in die Berge kam oder aber das Gras war noch braun vom erst kürzlich weggeschmolzen Schnee. Schade ist nur, dass ich die Blumennamen kaum kenne, das muss sich noch ändern.

Wir durchquerten eine Weide mit Pferden und kamen bald zum wunderschönen Arvenwald, da beginnt eigentlich der schönste Teil der Wanderung, obwohl, dieser bis hierher ebenfalls toll war. Ein angenehmer erdiger Geruch empfängt uns, andächtig liefen wir durch diesen mystischen Wald im Wissen, dass einige dieser knorrigen Arven schon mehrere Hundert Jahre alt sind. Ihre Rinde ist rau und man kann ihre Stärke und Widerstandskraft direkt spüren.  Man könnte in diesem Waldstück Zeit und Raum vergessen, das taten wir aber nicht, wir müssen den Bus in S-charl erreichen. Das sollte zwar zeitlich kein Problem sein, doch habe ich Maya noch von einer «edlen» Einkehrmöglichkeit vorgeschwärmt wo wir vor der Heimreise etwas trinken und ein Glacé essen könnten.

Als wir aus dem Arvenwald heraus kamen trafen wir auf die Alpstrasse die uns in einer guten Stunde nach S-charl führen soll. Kurve um Kurve folgten wir dem nicht enden wollenden Weg, von der sanft dahinfliessender Clemgia zu unserer Linken begleitet. Mehrere schöne Plätze am Bach laden Feriengäste zum Verweilen und zu kurzen Wanderungen ein. Als wir in S-charl eintrafen, hatte das Hotel Crusch Alba geschlossen und die Aussicht auf das versprochene Glacé war fast weggeschmolzen, doch habe ich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, es gibt ja noch das Gasthaus Mayor und das hatte zum Glück offen und nahm alle Gäste die sich grad im Ort befanden auf. Aus dem Glacé wurde dann leider aus Zeitgründen trotzdem nichts, wenigstens konnten wir noch etwas trinken.

Um 17.15 fährt das letzte Postauto aus dem Tal hinaus nach Scuol, die Fahrt bildete einen schönen Abschluss dieses erlebnisreichen Tages. Deutlich zu sehen ist auch, was ein Unwetter alles anrichten kann, welche Kräfte da wirken, Spuren von mehreren Murgängen waren nicht zu übersehen. In Scuol blieb uns bis zur Abfahrt des Zuges noch Zeit zum etwas herumlaufen und dann stiegen wir müde in die Rhätische Bahn, die uns ohne Umsteigen nach Landquart brachte. In Sargans trennten sich unsere Wege, ich fuhr nach Zürich und Maya zurück ins Toggenburg. Ich rechne fest damit, dass mir eine weitere Begleitung zugesichert ist, um doch noch zum versprochenen Glacé zu kommen 😊

 

Ein Gedanke zu “Ofenpass-God da Tamangur-S-charl

  1. Sehr schöner Bericht. Zum Pflanzenbestimmen gibt es übrigens eine tolle App namens Plantnet. Wenn man gerade kein Netz hat, kann man mit einem Foto auch später nachschauen 😊.

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