Costainerpass von Lü nach S-charl, (Jakobsweg Graubünden_Etappe 2)
Freitag, 16. August 2019 ca. 4,5h und ca. 14 km, ⇑ 460m ⇓ 560m
Tamangur, das klingt zwar etwas fremd, aber nein, das ist nicht in Indien sondern im Unterengadin. God da Tamangur ist der höchst gelegene, zusammenhängende Arvenwaldes Europas. Er liegt auf über 2200 Meter ü. M. zuhinterst im Val S-charl. Überhaubt bin ich erstaunt, wie weit oben hier die Baumgrenze liegt.
Das Wetter zeigte sich weit besser, als erwartet, etwas kühl, dafür ohne Wind und mehr oder weniger sonnig. Zeitig zog ich heute los, ich wollte in S-charl noch ins Bergbaumuseum. Irgendwo habe ich gelesen, dass dieses nur von 14.00-15.00 Uhr geöffnet sei. Diese Info stellte sich dann als falsch heraus, das Museum schliesst erst um 17.00 Uhr, ist jedoch nur Dienstags bis Freitags geöffnet. Kurz nach 14 Uhr traf ich in S-charl ein. Der Weg dorthin zog sich am Ende noch recht in die Länge und als noch nichts vom Ort zu sehen war, war ich dann plötzlich da.
S-charl besteht aus kaum mehr als ein Dutzend Häuser und einer kleinen Kirche. Heutzutage bilden der Sommertourismus, mit Wanderer und Biker, sowie die Alpsömmerung den wichtigsten Wirtschaftszweig dieses idyllischen Dorfes. Der Ort ist vom Bergbau geprägt, ja dies ist der Ort der Bergbaugeschichte in Graubünden überhaupt. Ein Teil der Gebäude, alle sind renoviert, sind Zeugen seiner Vergangenheit. In S-charl wurden vor allem Bleierze und Silber abgebaut.
Das Museum beherbergt einen recht ausführlichen und aufschlussreichen Teil über den Bergbau, der hier zwischen dem 14th und 17th und wieder im 19th Jahrhundert betrieben wurde. Weiter zeigt das Museum noch etwas über Erdgeschichte, da fand ich vor allem die reichhaltige Gesteinssammlung interessant. Im Obergeschoss ist noch die Bärenausstellung zu finden und da wurde mir erst bewusst, dass es in der Tat nicht ganz auszuschliessen ist, doch einmal einem Bären zu begegnen, einem richtigen natürlich, nicht einem aus Holz, welchen ich auch heute wieder begegnet bin.
Der Weg von Lü über den Costainerpass kann als technisch leichte und nicht besonders anstrengende Wanderung bezeichnet werden. Eine Alpstrasse führt mit wenig Steigung bis zur Alp Champatsch, erst danach wird es kurz etwas steiler um anschliessend über eine breite Alpweide ziemlich flach zum Pass zu gelangen. Nun fliessen unzählige kleine Bachläufe über eine Moorlandschaft. Der Wanderweg führt im Trockenen weiter. Bald vereinen sich die vielen Bachläufe zur junge Clemgia. Bei der Alp könnte man dem Fahrweg folgen, das wäre wesentlich kürzer, doch dann würde man den absolut schönsten Teil der Wanderung verpassen, den etwas wurzeligen und ruppigen Weg durch das God da Tamangur, den märchenhaften Arvenwald.
Hier liess ich mir Zeit, blieb immer wieder stehen und staunte. Dieser Wald steht für Stärke, Hartnäckigkeit und Überlebenswille. Später trifft man wieder auf den Fahrweg und wird nun vom lauten Rauschen der inzwischen doch schon recht kräftigen Clemgia begleitet. Bald musste ich mich wieder einmal hinsetzen und Schuhe und Socken ausziehen. Meine Fusssohlen brannten. Ob das an den Schuhen liegt, weiss ich nicht, bei meinen Alten hatte ich das nie. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Wege gestern und heute meist über harte Kieswege führten. Ich werde das wohl mit etwas Perskindol versuchen müssen und morgen schauen, wie es weitergeht. Der Weg hinunter nach Schuol verläuft auch wieder hauptsächlich entlang der Strasse, einer Naturstrasse zwar, doch ich denke, ich werde ein Stück davon wieder fahren.