Obwohl der Pilgerpass schon länger bereit gewesen wäre, fehlte mir lange die Motivation, dieses Abendteuer auch tatsächlich zu beginnen. Hier folgt nun mein Bericht über sieben einzelne Tageswanderungen entlang dem Jakobsweg Schweiz.
Tag 1: von Rorschach nach St. Gallen, Donnerstag, 02. September 2021, ca. 4 ¼ h, und 16,0 km, ⇑ 559 m ⇓ 286 m
« Jeder Weg beginnt bekanntlich mit dem ersten Schritt»
So, dann mal los, es ist nun endlich soweit, ich bin in Rorschach angekommen und mache eben diesen ersten Schritt. Mein Blick schweift über den Bodensee in die Ferne, respektive ans andere Ufer. Wie weit werde ich wohl kommen auf meinem Jakobsweg?

Ich lief gemütlich zum Rorschacher Hafen, dann durch den Ort hindurch bis hinauf zur ersten Anhöhe, wo sich links die spätgotische Klosteranlage Mariaberg befindet. Dieses wurde jedoch nie als Kloster in Betrieb genommen, die Gebäude dienten seit jeher anderen Zwecken, heute ist die Pädagogische Hochschule St. Gallen darin untergebracht.
Dass ich mir im Tourist Office unten beim Hafen den ersten Stempel für meinen Pilgerausweis hätte abholen können, erfuhr ich leider erst in St.Gallen, das werde ich irgendwann einmal nachholen müssen.
Etwas später lief ich ein Stück neben der Autobahn her, konnte diese dann über eine Brücke überqueren und auf der anderen Seite zum Schloss Sulzberg mit Schlossweiher aufsteigen. Dort plante ich zu rasten und Znüni zu essen. Doch der Zugang zu den beiden Weihern ist untersagt, sie stehen unter Naturschutz, zudem sind Schloss und Weiher in Privatbesitz. Also musste ich weiterlaufen, fand dann nach einer guten Viertelstunde ein Bänkli mit Blick auf die beiden Weiher, die Stadt St. Gallen und den Bodensee im Hintergrund.

Als ich mich wieder zum Weitergehen motivieren konnte, führte mich der Weg über Felder und Wiesen, durch mehrere Dörfer und dann steil hinunter zur Martinsbrücke über die Goldach. Eine Infotafel schildert, wie gefährlich die Querung des Tobels früher für die Pilger gewesen sein musste. Nun, dank der Brücke ist heutzutage der Übergang von einer Seite des Tobels zur andern zumindest für die Fahrzeuge ungefährlich, sie kommen aber leider mit solch hohem Tempo daher, dass ich mich spurten musste, um an dieser unübersichtlichen Stelle zweimal die Strasse unbeschadet überqueren zu können. Unvorstellbar, wie es einmal sein könnte, wenn die Motorfahrzeuge alle elektrobetrieben sind und geräuschlos daherkommen!
Das nächste Wegstück folgt eine kurze Zeit der Goldach, einem sehr schönen Wegstück. Später folgte noch ein kräfteraubender Anstieg bis zum höchstgelegenen Punkt des Tages (Postautohaltestelle Schaugenhof), danach geht es abwärts in Siedlungsgebiet, ich näherte mich der Stadt St. Gallen. Beim Sportplatz in der Nähe von St. Fiden setzte, respektive legte ich mich auf eine Bank am Schatten und ruhte mich nochmals aus. Danach lief ich ins Stadtzentrum und durch die Altstadt zum Klosterbezirk. Schön fand ich, dass der Wegverlauf in die Stadt hinein teilweise etwas abseits über kleine Pfade entlang Bachrinnsalen und durch schönes Wohnquartier führt. Doch irgendwann war ich dann doch mitten im Stadtzentrum mit all seinem Verkehr angelangt und folgte den Schildern zum Kloster.
Der Klosterbezirk gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist es wert, für einen Besuch genügend Zeit zu einzuplanen. Nachdem ich die Stiftsbibliothek wie auch das Stiftsarchiv mit Ausstellung und die Kathedrale besichtigt hatte, lief ich gemütlich zum Bahnhof weiter und trat die Heimfahrt an.


Tag 2: von St. Gallen nach Herisau, Freitag, 03. September 2021, ca. 3 ¼ h, ca. 12,8 km, ⇑ 275 m ⇓ 200 m
Am nächsten Tag reiste ich wieder nach St. Gallen, lief gleich nach Ankunft dem Gleis 12 der Appenzeller Bahn entlang bis zum Bahnübergang, um auf die andere Seite und dann unten durch zu gelangen. Dort traf ich auf die neugotische St. Leonardskirche, die, wie ich lesen konnte, im Jahr 2007 von der Musical Company St. Gallen für die Aufführung des Musical Sister Act benutzt wurde.
Danach führt der Weg längere Zeit durch Wohnquartier bis zur grossen Grünfläche mit den zwei Burgweihern. Dieses Areal ist erst seit 2019 öffentlich zugänglich. Die Weiher selbst sind zum Schutz eingezäunt. Etwas verwundert bemerkte ich den Holzturm daneben, was stellt dieser nur dar, ein Wohnturm wohl kaum. Schade, dass ich keine Infotafel dazu vorfand. Doch Google sei Dank, nun weiss ich mehr darüber, es ist der fast 200 Jahre alte Tröcknerturm, der in der Blütezeit der Textilindustrie errichtet wurde um die frisch gefärbten Textilien zu trocknen.
Etwas weiter vorne traf ich auf die kleine Kapelle Maria Einsiedeln, sie war abgeschlossen. Dem Eisenbahnweg folgte ich bis nach Bruggen und musste ziemlich lange der Strasse entlanglaufen, bis ich den Ort endlich hinter mir lassen konnte. Ich kam noch an einer Brauerei vorbei und dann gleich zur Sitterbrücke mit dem altem Zollhaus Es folgt ein Stück der Strasse entlang und später kam ich auf einen Kiesweg der aufwärts zum Gübsensee führt. Statt weiter dem ausgeschilderten Weg zu folgen umrundete ich, auf der Suche nach einem Rastplätzchen, den See, damit ich der Schulklasse hinter mir ausweichen konnte, die, wie ich gehört habe, am See picknicken wollte. Kreischende Schulkinder war im Moment nicht gerade nach meinem Geschmack. Diesen Abstecher durfte ich mir erlauben, da meine Tagesetappe eher kurz war.
Es folgt ein Waldstück und mir kam eine Kolonne Rekruten entgegen, alle grüssten mich recht freundlich, vielleicht auch nur aus Langeweile. Bald kam ich zu einem Vorort von Herisau. Es geht nochmals etwas aufwärts, einem schmalen Pfad entlang. Auf einer Anhöhe kurz nach dem Friedhof traf ich auf die Kreuzkapelle. Bald begegnete ich den ersten alten schönen Appenzeller Häuser, ich suchte mir den direkten Weg zum Bahnhof, da ich ja auf der nächsten Etappe den Ort durchqueren und anschauen kann.
So bin ich bereits zwei Tage Jakobsweg gewandert, bin zwar ziemlich oft durch besiedeltes Gebiet gekommen und über Hartbelag gegangen, doch das ist eben eine Besonderheit am Jakobsweg, an die ich mich erst noch gewöhnen muss.
Nachfolgende Bilder zeigen: die Brücke über die Sitter; den Burgweiher; den Tröcknerturm; Grübensee Idylle; Gübensee mit Grauhreiher
Tag 3: von Herisau nach Schwellbrunn, Risi, Montag, 06. September 2021, ca. 2 ¾ h, ca. 8,8 km, ⇑ 495 m ⇓ 233 m
Diese Tagesetappe ist kurz gewählt, weil ich jeweils am Montagabend bei der Klubschule einen Bewegungskurs besuche. Dort möchte ich nicht verschwitzt und stinkend ankommen, sondern vorher noch kurz zuhause unter die Dusche stehen.
Den Wegweisern folgend gelangte ich zum Dorfplatz und betrachtete die für das Appenzell typischen Häuser. Dabei lief ich eine Weile im Kreis umher, bis ich endlich wieder auf die richtige Spur kam, eine Baustelle verdeckte die Markierungen oder sie wurden entfernt. Doch nach einer guten Stunde lag der Ort Herisau hinter und unter mir, ich lief über Weiden und später durch einen Wald.
Als ich weiter vorne ein erstes Bänkli sichtete, erhöhte ich mein Marschtempo, da mir jemand folgte und ich unbedingt als erste das Bänkli erreichen wollte. Doch meine Eile erwies sich als unnötig, der Mann mit Hund hinter mir schien es nicht auf mein Bänkli abgesehen zu haben und zudem hat es auf diesem Wegstück genügend davon. Das Wegstück ist auch als Panoramaweg ausgeschildert und daher findet man auch ein paar Picknickplätze mit Feuerstellen vor. Doch ich hatte nicht vor, ein Feuer zu entzünden, dafür erfreute ich mich am Panoramablick und bald auch an der Sicht zum Säntis.
Der Jakobsweg führt einer langen Hügelkette entlang weiter, immer auf einer Höhe von knapp unter 1000 Meter. Ich lief oberhalb dem Dorf Schwellbrunn vorbei bis zur Bushaltestelle Risi weiter, die sich direkt am Weg befindet. Dort unterbrach ich die Wanderung um am nächsten Tag wieder zu kommen und weiterzulaufen.

Tag 4: von Schwellbrunn, Risi nach Wattwil, Dienstag, 07. September 2021, ca. 4 ¼ h, ca. 14,7 km, ⇑ 563 m ⇓ 822 m
Von der Haltestelle Schwellbrunn, Risi laufe ich noch etwas weiter hinauf und erreiche schon bald den höchsten Punkt dieses Tages auf 1083 m.ü.M. Ich ziehe am Gasthaus vorbei, das seinen Ruhetag hat und finde weiter vorne, nachdem ich auch den Wegweiser Höhi passiert habe, eine Bank zum hinsetzen und die Aussicht zu geniessen. Weiter geht es über Wiesen und Weiden entlang der Hügelkette mit Aussicht auf das Alpstein, die Churfirsten und weit hinten, etwas bedeckt, weitere Berge, vermutlich die Bündner Berge.
Bald geht es etwas steiler abwärts und ich komme an einem Schulhaus vorbei ins Zentrum von dem Dorf mit dem schön klingenden Namen St. Peterszell. Der Ortsname geht auf die klosterähnliche Einrichtung zurück, diese soll ursprünglich eine Eremitensiedlung gewesen sein und wurde später erst als Kloster bezeichnet, hatte dann aber später nur noch den Rang einer Probstei.
Zwei Routen Jakobsweg sollen hier zusammentreffen, jene des Voralberger-Appenzellerweges von Rankweil und jene von Rorschach. Ich besuchte nur kurz die Probstei und machte mich gleich wieder an den Aufstieg nach Hofstetten und war gespannt auf das Haus «Bädli», an dem ich vorher noch vorbeikommen soll. Ein Haus mit einer wunderschönen Fassadenbemalung im Rokoko-Stil, das an der Wende von 17. Zum 18. Jh. erbaut wurde. Nach einem weiteren Stück steilem Wiesenweg erreiche ich den Weiler Hofstetten, mit den bedeutsamsten Häusereinheiten des Toggenburgs. Es sind Holzbauten eines Bregenzerwälder Zimmermanns mit Giebelinschriften aus dem Jahr 1684. Bald treffe ich auf Niederwil, einem weiterer Weiler. Nachdem ich ein Waldstück mit Bach gequert habe, fand ich ein schönes Plätzchen, halb Sonne, halb Schatten und machte eine Pause.
Nach der Pause überlegte ich kurz, ob ich nach Heiterswil absteigen und den Bus nehmen sollte, da ich einen Schmerz am Schienbein spürte. Doch nach der Pause ging es wieder besser und ich entschied mich zum Weiterlaufen. Ich hatte ja sowieso vor, etwas abzukürzen um mir die letzten 100 Höhenmeter Abstieg zu ersparen. Kurz bevor es dann nach Wattwil hinuntergeht kommt noch das Hotel Restaurant Churfirsten, dort wollte ich nochmals eine Pause machen und allenfalls einkehren. Doch auch dieses hatte zu. Schade, mein Wasservorrat ging langsam zur Neige und an diesem Tag fand ich keinen Hofladen mit Kühlschrank vor, hat denn da niemand Mitleid mit müden und durstigen Wanderern? Ich fand dann aber doch noch einen und leistete mir ein kühles Rivella, was für ein Genuss, wenn man gar nicht mehr damit gerechnet hat. Wenig später kam ich in Wattwil Tüetlisberg an und hatte noch etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit bis zur Abfahrt des Buses. Ich fand einen Baum im Schatten unter den ich mich setzte und wartete.
Die Etappe Herisau-Wattwil gefiel mir sehr gut, da sie aussichtsreich ist und der Weg mehrheitlich über Wiesenpfade und Waldwege führt und es genügend schöne Plätze für eine Pause gibt.
Nachfolgende Bilder zeigen: Kloster St. Peterszell; Haus in St. Peterszell; Aussicht ab Schwellbrunn Risi; Häuser in Hofstetten
Tag 5: von Wattwil nach Neuhaus, resp. Schmerikon, Freitag, 01. Oktober 2021, ca. 5 ¼ h, ca. 19 km, ⇑ 579 m ⇓ 785 m
Endlich wieder Jakobsweg wandern! Beim letzten Mal bekam ich von einem Moment zum andern Schienbeinschmerzen, die ich anfänglich ignorierte, zu Hause dann aber entschied, vorerst mit Wandern zu pausieren. Es stand ja noch eine Ferienwoche in Graubünden bevor, die wollte ich mir nicht vermiesen. Die Schmerzen sind glücklicherweise nach gut einer Woche wieder verschwunden.
Ich verlies den Bahnhof Wattwil auf der hinteren Seite, die mit Spital markiert ist und folgte dem Weg hinauf zur Ruine des Schlosses Iberg direkt am Weg. Die paar zusätzlichen Stufen hinauf zum übriggebliebenen und renovierten Turm sind es wirklich wert, und ich hatte Glück, der Turm war zugänglich. Anschliessend ging es über Weideland weiter und an typischen Toggenburger Gehöften vorbei bis hinauf nach Laad, Nähe Oberricken und Rickenpass. Später führt mich der Weg durch das Dorf Walde. Es war Mittagszeit, die Sonne wärmt trotz der Jahreszeit, seit einer Ewigkeit wandere ich auf Hartbelag. Dafür hatte ich einen wunderbaren Weitblick in die Glarnerberge. Der Ortsbus fuhr mehrmals an mir vorbei und vielleicht hielt der Fahrer auch Ausschau nach einem möglichen Passagier, doch nichts da, es geht zu Fuss weiter. Am Vormittag begegnete mir der Pöstler in seinem Fahrzeug auf seiner Tour zu den weit verstreuten Gehöften immer wieder. Ansonsten begegnete ich lediglich einem Pilgerpaar, ersichtlich an der Muschel, die sie am Rucksack trugen.
In Rüeterswil besuchte ich die der heiligen Ursula geweihte St. Ursula-Kapelle. Der Online Archivkatalog des Staatsarchivs St. Gallen meldet, dass die Kapelle erstmals im 1696 erwähnt war und zuletzt im 1984 einer Gesamtrestaurierung unterzogen wurde. Ebenfalls aus dem Internet entnahm ich die Information, dass Rüeterswil im Mittelalter die stärkste und bedeutendste Siedlung im Gebiet Oberricken war. Später gewann der Ort St. Gallenkappel immer mehr an Bedeutung. Dieser entstand rund um die neu errichtete Barockkirche die an jener Stelle erbaut wurde, an der, gemäss Urkunde, einst das Galluskloster gestanden haben muss.
Auch wenn ich eigentlich viel lieber in den Bergen oder im Wald wandern würde, nehme ich nun das mühsame Gehen auf Asphalt in Kauf und gedenke, dass dieser Weg Pilgern aus dem Süddeutschen Raum bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts als wichtige Verbindung nach Einsiedeln diente. Seit alters her führte ein Passweg von der Burg Iberg über Laad, Walde, Rüeterswil zum Zürichsee, da der Seebezirk früher zur Grundherrschaft des Klosters St. Gallen zählte. Pilgerwege führen oft entlang historischen Handelsrouten.
Mein Weg führt mich weiter bis nach Neuhaus, den Ort kenne ich nur von der Durchfahrt aus meiner Kindheit und ich äugte immer zur alten Holzbrücke hin. Diese durfte ich nun sogar betreten und queren um auf der anderen Seite zum Aabach hinunterlaufen und dann gleich später wieder zur Jakobuskapelle aufzusteigen. Das Interieur der Kapelle ist schlicht gegenüber den anderen Gotteshäusern, die ich heute besuchte. Eine Figur im Innern soll Johannes den Täufer darstellen. Erstmals entdeckte ich in einer Ecke ein kleines Pult mit Gästebuch und Stempel, so dass ich meinen Pilgerpass abstempeln konnte, mir war es bis anhin ein Rätsel, wie ich zu meinen Stempeln kommen sollte 😊
In Neuhaus wäre diese Etappe eigentlich zu Ende, doch ich entschied, noch die gute halbe Stunde bis Schmerikon anzuhängen, um am nächsten Tag meine Wanderung nach Einsiedeln in Siebnen fortsetzen zu können. Der Weg dem Obersee und der Lindt entlang bis Grynau bin ich im Frühjahr bereits im Zusammenhang mit dem Zürichsee-Rundweg gelaufen. Die Alternative über den Seedamm gab es ja nicht schon seit immer.
nachfolgende Bilder zeigen: Jakobuskapelle Neuhaus; Pfarrkirche St. Gallenkappel innen: St. Ursulakapelle Rüererswil aussen; und von innen
Tag 6: von Pfäffikon (Abzweigung Etzelpass) nach Einsiedeln, Samstag, 02. Oktober 2021, ca. 3 h, ca. 10 km, ⇑ 500 m ⇓ 244 m
Am Abend nach dem Wandern von Wattwil nach Schmerikon schmerzte mir der linke Fuss von unten, vermutlich ist es der innere Fusssohlennerv, mit Franzbranntwein (äusserliche Anwendung) konnte ich dies nicht beheben, so entschied ich mich statt von Siebnen nach Einsiedeln die kürzere Variante ab der Abzweigung Etzelpass zu laufen. Ich bin ja im Frühjahr bereits schon von Rapperswil über den Damm und von Pfäffikon bis hinauf zum Etzelpass, respektive St. Meinrad, gelaufen. Die ersten zweihundert Höhenmeter legte ich also bequem per Bus zurück, dann aber geht es gleich recht steil im Wald aufwärts, später erst mit mässiger Steigung. Zwar muss einige Male noch die Passstrasse überquert werden, doch ansonsten ist es bis hinauf zum St. Meinrad ein sehr schöner Weg.
Nach dem Besuch der dem heiligen Meinrad von Einsiedeln gewidmeten Kapelle las ich noch die Infotafel zu dessen Legende. Dieser soll im 9. Jahrhundert als Eremit auf dem Etzelpass gelebt haben, später zog er tiefer in den Wald hinein ins heutige Einsiedeln und wurde dort Jahre später ermordet. Am Ort seiner Klause wurde dann die Gnadenkapelle des Klosters Einsiedeln erbaut.
Mein Weg führt hinunter zur Teufelsbrücke, einer historischen Bogenbrücke, die Einsiedeln mit dem Etzelpass verbindet. Danach durfte ich ein kleines Stück über Feld und Wiesen laufen, bis es dann wieder auf Asphalt weiterging. Immer weniger macht es mir etwas aus, immer mehr finde ich meinen Rhythmus und meine innere Ruhe.
Als ich dann am Galgenchappeli mit der prächtigen Sicht in die Berge und auf den Sihlsee vorbeikam und jenen gedachte, die, schuldig oder auch nicht, hier am Galgen aus dieser Welt geschieden sind, war ich froh, in einer anderen Zeit leben zu dürfen.
Bald kam in der Ferne das Kloster in Sicht, es ging noch eine steile Strasse hinunter und dann auf einer langen Geraden dem Kloster zu. Bevor ich mich auf die Besichtigung begab, genehmigte ich mir ein Glacé in der Gelateria. Pilgern mit Entbehrung, das war einmal, ich lebe ja glücklicherweise in einer anderen Zeit, also darf es auch einmal ein wenig genüsslich sein. 😊
Im Kloster Einsiedeln war noch nie. Die Klosterkirche ist in der Tat überwältigend, auch für jene, die weder katholisch noch Verehrer von gehorteten Kirchenschätzen sind. Ich betrachte diese eben als wertvolles Kulturgut und verweilte etwas vor allen Altären und vor der Schwarzen Madonna. Danach machte ich mich noch auf zur Hofpforte, läutete und bat um den Pilgerstempel.
die nachfolgenden Bilder zeigen: St. Meinradkapelle Etzel von aussen; von innen; Ausblick beim Galgenchappeli Einsiedeln; Gangulfkapelle zum Kloster Einsiedeln
Tag 7: von Neuhaus nach Rapperswil, Dienstag, 06. Oktober 2021, ca. 2 ¾ h, ca. 11,4 km, ⇑ 190 m ⇓ 282 m
«Lücke füllen» war für diesen Tag angesagt, und das galt für das Wegstück zwischen Neuhaus und Rapperswil, da ich nun doch nicht die Variante über Schmerikon-Grynau-Siebnen wählte, sondern jene über Rapperswil. Vorher aber fuhr ich nach Wattwil um noch meinen Pilgerpass in der Kirche zu stempeln. Ich suchte recht lange nach dem Stempel, der hängt lieblos an einer Kette beim Broschürenständer. Danach nahm ich den Bus Richtung Rapperswil bis Neuhaus Ochsen und fand mich wieder an der Stelle ein, an der ich vor vier Tagen vorbeikam.
Ab Neuhaus führt der Jakobsweg an verschiedenen Bauernhöfen vorbei und nachher durch Eschenbach. Später folgt ein schöner Weg über Wiesen und durch Wald. Es hat angefangen zu nieseln und später zu regnen. Zum Glück war ich entsprechend ausgerüstet. Gegenüber einer CEVI Hütte im Jonerwald war ein Unterstand in die Scheiterbeige eingebaut, der mit Bänken ausgerüstet war, das kam mir sehr gelegen für meine Mittagspause. Der Regen wurde immer stärker, ich musste mir den Regenponcho überwerfen.
Am frühen Nachmittag kam ich in Rapperswil an. Bei diesem Wetter eine günstige Gelegenheit, ohne grosse Menschenmassen an der Uferpromenade entlang zu laufen. Von der hinteren Seite stieg ich hinauf zum Schloss und zur Kirche St. Johann mit den beiden ungleichen romanisch-gotischen Türmen. Nebenan steht die Liebfrauenkappelle. Und da ich ja auf Pilgertour bin, stattete ich beiden einen Besuch ab. Als ich mich auf den Weg zum Bahnhof machte, entdeckte ich das Kloster und trat noch in die Kapelle und die Antoniusgrotte ein.
Etwas beschämend musste ich feststellen, dass ich die Stadt Rapperswil kaum kenne, obwohl ich ja unweit davon lebe. Dank dem Jakobsweg lerne ich meine nähere und weitere Umgebung doch noch kennen.


