Nationalpark Spöltal (Route 10)

Ab Vallun Chafuol/P3 bis zur Staumauer Punt dal Gall  

Mittwoch, 29. Juli 2020, ca. 3 ¼ h, ca. 9,2 km, ⇑ 560m ⇓ 520 m

Seit Wochen schaue ich mir immer wieder Wanderrouten im Schweizerischen Nationalpark an, denn es gibt ein paar leichte bis mittelschwere Touren, die sich für einen Tagesausflug gut eignen. Die SBB Spartageskarte, die mir eine Reise ins Engadin erschwinglich macht, war schon lange gekauft, doch zeigte das WetterApp bis kurz davor noch mögliche Gewitter an. Dennoch wäre ich ins Engadin gereist und hätte mich dafür eher kulturell bereichert, es steht ja ein reichhaltiges Angebot von ausgezeichneten Museen oder Galerien zur Auswahl, sollten einem die Naturschönheiten oder die aussergewöhnliche Architektur der Engadiner Häuser nicht auch genügen.

Kunst im Engadin

Doch es kam gut und ich durfte wandern, zwar bei schwülwarmen Temperaturen aber ohne Gewitterneigung. Ich dachte natürlich, auf einer Wanderung entlang der Spöl hätte ich es angenehm kühl und frisch. Der Weg verläuft zwar mehrheitlich im Schatten durch lauschigen Fichten-Lärchen- und Föhrenwald, es gab zwischendurch auch einmal ein kühles Windchen jedoch gleich gefolgt von einem Schub warmer Luft.

Als ich an diesem Tag morgens nach neun Uhr in Zernez ankam, hatte es im Postauto nach Müstair für alle Fahrgäste Platz. Ansonsten stellen sie einen weiteren Bus zur Verfügung, der die vielen Gäste zu den Stationen im Nationalpark bring. Nach kurzer Fahrt stieg ich aus, schnürte meine Schuhe richtig und marschierte los. Zuerst geht es in ein paar Kehren hinunter bis Plan Praspöl und auf der anderen Seite gleich wieder hoch. Es geht nun einem schönen Bergwanderweg mit Wurzeln oder weichem Waldboden entlang, zwischendurch muss eine Rüfe oder ein kleines Bächlein überquert werden, man läuft aber weit oberhalb der Spöl im wechselnden auf- und ab zur nächsten Brücke, der Punt Periv.

Der Weg ab Plan Praspöl ist mit Route 45, Nationalparkpanoramaweg markiert, der man bis Buffalora folgen könnte. Ich hatte ursprünglich vor, bis Punt la Drossa (Tunnelportal ins italienische Zollfreigebiet Livignio) zu laufen, entschied mich dann aber um und lief weiter zur Punt dal Gall (Staumauer) so konnte ich der Spöl noch etwas länger folgen, doch wenn ich ganz ehrlich bin, war der eigentliche Grund für meinen Richtungswechsel eher der Hügel dazwischen, also nochmals hinauf und hinunter. Ich habe es nicht bereut, den etwas längeren Weg zu nehmen, denn da hinten erst genoss ich die absolute Ruhe in der Natur, traf kaum mehr Wanderer an, aber noch besser, die Ofenpassstrasse ist sehr weit weg und die Autos sind nicht zu hören. Dafür Vogelgezwitscher, ein Specht war am Werk, währenddem ich eine längere Mittagspause hielt.

Spöltal Richtung Pund dal Gall

Der Weg führt nun ganz nah dem Wasser entlang, ich hätte somit noch die Füsse baden können, stattdessen erfreute ich mich an der unberührten Natur. Dann plötzlich sah ich SIE, nur kurz zuerst, dann verschwand sie gleich wieder hinter den Bäumen. Natürlich wusste ich, dass ich auf sie stossen werde, trotzdem kam ihr Anblick überraschend. Etwa zehn Minuten später war sie nicht mehr zu übersehen. Gross, mächtig und bedrohlich stand sie da, die Bogenstaumauer der Engadiner Kraftwerke AG.

Die Staumauer

Der Lago di Livigno liegt fast vollständig auf italienischem Territorium. Auf der Liste der Schweizer Stauseen steht der Lago di Livigno mit seinem Fassungsvermögen von 165 Mio. m3 an sechster, auf jener von Graubünden an zweiter Stelle. Die Spöl entspringt im Val Ursera, also noch knapp in der Schweiz, sie fliesst durch Livigno, durchquert den Stausee und das Ausgleichsbecken Ova Spin bevor sie bei Zernez in den Inn mündet. Somit ist sie eigentlich nur ein Restwasserbach, dem die Merkmale eines Gebirgsbaches fehlen.

Da stand ich nun unten am Bach, musste aber hoch auf 1805m. Im Zick Zack führt der Weg bis zur Werkstrasse hinauf und dieser folgte ich noch etwas bis ich ober auf dem Damm angelangt war. Ich befand mich nun ausserhalb des Nationalparks, die Schweiz Italienische Grenze liegt irgendwo in der Mitte der Staumauer.

Der Lago di Livigno

Ja und wo ist nun die Bushaltestelle? Nun ja, wir sind ja jetzt in Italien und da ist, wie ich bereits mehrmals festgestellt habe, eben nichts angeschrieben. Ich lief bis zum Zahlhäuschen für die Tunnelgebühr und fragte dort. Die Haltestelle befindet sich hinter dem Zoll auf der anderen Seite des Staudammes. Der Linienbus Livigno-Engadin der Silvestri Autoservizi brachte mich nach Zernez zurück. Statt auf den wartenden Zug mit Umsteigen in Sagliains aufzuspringen zog ich es vor, eine gute halbe Stunde auf den direkten Zug nach Landquart zu warten und dafür hinter dem Bahnhof noch meine Trinkflaschen mit frischem Brunnenwasser abzufüllen und mich sanft vom Engadin zu verabschieden. Aber, ich werde wiederkommen, das ist gewiss.

Stauseen: Mehr als die Hälfte des Schweizerischen Strombedarfs wird aus Wasserkraft erzeugt. Die Schweiz ist nun mal ein Stauseeland, trotzdem darf nicht vergessen werden, dass eine Staumauer trotz allem immer ein kleines Restrisiko birgt und dass mit der Flutung von Tälern und Dörfern immer auch menschliche und soziale Schicksale verbunden waren.   

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