Churwalden und Lenzerheide

ab Churwalden über die Lenzerheide nach Alvaschein im Albulatal (Via Sett)

Freitag, 28. Juli 2019 ca. 4 ½ h, 17 km, sowie ⇑ 450m ⇓ 680m

Die eindrücklichste Variante, nach Chur zu gelangen ist eindeutig die Fahrt von der Lenzerheide hinunter nach Chur. Von keiner Seite her hat man einen so tollen Ausblick auf die Alpenstadt, die doch schon einiges an Grösse erreicht hat. Man kann aber ganz gut die Wolkenkratzer einfach ausblenden, den Blick über die Dächer der Altstadt, das Kloster und zu den Bergen schweifen lassen. Ich bin die Strecke von Tiefencastel nach Chur oder umgekehrt schon oft gefahren, doch war mir lange nicht bewusst, dass genau diese Route im Hochmittelalter der wichtigste Alpenübergang war. Ich wusste nicht, dass dieser Übergang über die Lenzerheide und weiter zum Septimerpass, später  die „obere Strasse» genannt, älter ist als die Transitroute durch die Via Mala, der «unteren Strasse». Heute bietet der mit Route 64 gekennzeichnete Weitwanderweg Via Sett eine gute Möglichkeit, diesen Übergang auch zu Fuss kennen zu lernen. Im April dieses Jahres bin ich von Chur-Meiersboden bis nach Churwalden gewandert und hatte dabei die Gelegenheit, mehr über die Herkunft des Passugger Mineralwassers zu erfahren. Heute wollte ich noch das nächste Teilstück wandern.

Der Wetterbericht sagte Gewitter voraus, ansonsten herrschte wieder schwülwarmes Hochsommerwetter. Doch ich machte mir deswegen keine Sorgen, es gibt immer wieder die Gelegenheit, die Wanderung abzubrechen und das Postauto zu nehmen, das im Halbstundentakt zwischen Tiefencastel und Chur verkehrt. Ich stieg in Churwalden bei den Bergbahnen aus und lief gleich los. Im Wald war es noch angenehm kühl. Auf einem der ersten Bänkli verzehrte ich mein Znünibrötli, und stellte dabei fest, dass ich meine zweite Wasserflasche und einen Teil meines Proviants zu Hause liegen lassen habe. Nun ja, das ist heute nicht weiter schlimm, ich werde noch genügend Gelegenheiten haben, mich einzudecken. Bald kam ich nach Parpan und der Wanderweg würde oben am Waldrand durchführen, doch ich wollte mir noch die reformierte Dorfkirche mit dem freistehenden Turm ansehen. Neben der Kirche steht das alte Schulhaus und das «Schlössli», ein im 16. Jahrhundert erbautes hübsches Gebäude mit einem Kuppeltürmchen. Danach kehrte ich zum Wanderweg zurück, ein paar schöne braune Ziegen kamen zum zweiten Mal meckernd auf mich zu, keine Ahnung, was sie von mir erwarteten, es gab rein gar nichts, ich hatte ja selbst zu wenig (Essen) dabei.

Doch alle Liebhaber von Trockenfleisch werden in dieser Gegend auf die Kosten kommen, es hat überall Hofläden mit einem reichhaltigen Angebot an Waren. So kaufte ich mir als erstes einen Salsiz, den ich aber mit heimnehmen möchte. Bald erreichte ich Valbella und mein Weg führt hinter dem See durch, am Kiosk lief ich vorbei. Ich wollte die Seepromenade hinter mir lassen, bevor es zu heiss wurde. Das hier reger Betrieb herrscht, habe ich angenommen, denn ich befinde mich nun in einer gut erschlossenen Ferienregion. So begegnete ich vielen Familien mit Kindern auf dem Weg ins Bad, Feriengästen am Spazieren mit Hund oder auf einer Kurzwanderung. Die Höhe habe ich bereits hinter mir gelassen, das Dorf Lenzerheide liegt bereits schon wieder etwas tiefer. Hier deckte ich mich noch mit etwas Proviant ein und füllte meine Wasserflasche wieder auf. Auf einen Besuch im Restaurant verzichtete ich, es war Mittagszeit und ich denke, dass essende Gäste vorgezogen würden. Zudem möchte ich lieber weiterlaufen. Später kam ich durch den schönen Lärchenwald und kurz vor der Biathlon Arena und dem Kirchlein St. Cassian setzte ich mich in die Wiese und ass mein Mittagessen. Ich wollte eine längere Pause halten, ich habe auch heute wieder ein Buch dabei (und vielleicht deshalb nicht bemerkt, dass ich nicht alles eingepackt hatte), jedoch nach einer Stunde hörte ich den Donner. Von weitem zwar noch aber trotzdem machte ich mich gleich auf den Weg. Bis Lantsch/Lenz ist es nicht weit, dort könnte ich das Postauto nehmen.

In Lantsch angekommen stand das Postauto bereit, ich überlegte kurz und entschied mich dann aber doch zum Weiterlaufen. Im Wissen, dass ich bis Alvaschein keine Möglichkeiten mehr hätte, einen Bus zu nehmen. Die schwarzen Wolken sind weiter ins Albulatal gezogen, der Donner ist leiser geworden, doch es windet etwas. Auf dem Bänkli vor der Begräbniskirche St. Maria, aus der Mitte des 9. Jahhrhunderts stammend, machte ich nochmals kurz Halt, ein letztes Zögern ob ich weitergehen soll oder nicht. Bis zur Abfahrt des Busses in Alvaschein blieben mir noch 1 Stunde und 50 Minuten, wie viel Zeit ich benötigen würde, um dort hin zu gelangen wusste ich nicht so genau, es gab keine Zeitangaben mehr auf den Wegweisern. Daher verzichtete ich auf den Besuch des Kirchleins. Nun führt der Weg abwärts in den Wald hinein und nach ein paar Kehren wieder auf einen Fahrweg. Diesem folgte ich weiter, bis der in einer Spitzkehre in die andere Richtung weiterführt, nun hatte ich gut die Hälfte des Weges bereits geschafft, es sind nur noch etwa 100 Höhenmeter Abstieg bis Alvaschein.

Inzwischen sieht es doch schon recht nach Gewitter aus. Das Dorf Stierva (Stürvis) lag im diffusen Licht am gegenüberliegenden Hang, und wenn ich nach rechts schaute, konnte ich das Dorf Mutten und oben die Muttnerhöhe sehen. Nach zwei oder drei Kurven habe ich Alvaschein erreicht, es begann leicht zu tröpfeln. Ich hatte somit etwa fünf Viertelstunden inklusive kurzer Pause auf einem Bänkli benötigt, um von Lantsch nach Alvaschein hinunter zu gelangen.  Hier kam ich vor fast zwei Jahren schon einmal vorbei, als ich von Thusis nach Tiefencastel gewandert bin. Das Dorf hat etwas über 100 Einwohner und war bis 2014 eine eigenständige politische Gemeinde, bis zum Zeitpunkt in dem ein paar Gemeinden, darunter auch Tiefencastel und Stierva, zur Gemeinde Albula fusioniert haben. Aus früheren Zeiten stamm noch das Gasthaus Alte Post, wobei der Name nun auf Haus Alte Post lautet, da dies schon lange kein Gasthaus mehr ist. Wenige Meter weiter gibt es zum Glück noch das Gasthaus zum Alpenblick und das hatte offen, respektive die Wirtin war grad am zusammenräumen. Trotzdem bediente sie mich, sie müsse zwar rasch noch mit dem Auto weg, käme aber gleich wieder und sie lasse alles offen, ich soll dann einfach hinein gehen, falls es zu regnen beginne. Stelle man sich so etwas in städtischen Regionen vor. Es begann dann auch bald zu regnen, ich setzte mich in die Gaststube und las ein wenig im Schundblatt (Blick) bis die Wirtin zurückkam, so dass ich jemanden zum schwatzen hatte.

Obwohl es nicht weit zur Haltestelle war, regnete es so stark, dass ich doch noch meine Pelerine überziehen musste. Der Bus fuhr mich in fünf Minuten nach Tiefencastel hinunter, dort nahm ich den Bus über die Lenzerheide nach Chur, stieg bei der Haltestelle Malteser bereits aus und lief noch durch die Altstadt zum Bahnhof, in Chur war es trocken.

Somit schliesse ich wieder eine «Lücke» im begangenen Weitwanderwegnetz vom Kanton Graubünden. Das Teilstück von Alvaschein bis Tiefencastel, vorbei an der Kirche St.Peter Mistail aus der Karolingerzeit, bin ich ja bereits gegangen. Der Weitwanderweg Via Sett ist in der Tat ein hochwertiger und historisch interessanter Weitwanderweg, der jedoch durch gut erschlossenes Gebiet führt und es dem Wanderer erlaubt, einzelne Etappen auch mal abzukürzen.

bei Churwalden

 

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