Ruine Obertagstein bei Thusis: die Burg, die nichts von sich preisgibt
Mittwoch, 25. Juli 2018, ca. 4,0 h, 11 Km, 700m Auf-/und Abstieg
Nach rechts oder nach links, … respektive zur Kultstätte oder zur Burg des Schweigens?


Hoch über Thusis thronen auf beiden Seiten Burgruinen. Die Burgruine Hohen Rätien, wie sie auf einem Felsplateau über der Viamala Schlucht steht, ist von weitem sichtbar, der Weitwanderweg ViaSpluga führt daran vorbei, sofern man die Variante Veia Traversina wählt. Die Burg ist eine gut dokumentierte Kultstätte, der Zugang über Sils im Domleschg ist einfach zu bewältigen, oder man nimmt den steilen Weg von Thusis direkt hinauf. Die Besichtigung ist kostenpflichtig, doch lohnt es sich alleine schon wegen der tollen Aussicht. Als ich vor ein paar Jahren dort vorbeigekommen bin, war ein Teil aufgrund Renovationsarbeiten nicht zugänglich, daher möchte ich die Burganlagen gerne noch einmal besuchen.
Auf der anderen Talseite, am Fusse des Piz Beverin auf 1150m auf einem Felssockel und mit dichtem Wald umgeben, steht die Ruine Obertagstein. Der Zugang ist über einen Holzsteg möglich, der vor ein paar Jahren neu angelegt wurde. Ansonsten hüllt sich diese Burg in Schweigen, denn es gibt keine schriftlichen Unterlagen über die Entstehung oder die Geschichte der Burg. Keine Sagen von kühnen Rittern oder Schicksal von Personen edlen Geschlechtes sind bekannt. Der Burgenverein Graubünden hat die Burg vor Jahren baulich gesichert und archäologisch untersucht.
Ich entschied mich für die Burg des Schweigens und lief vom Bahnhof hinauf zum Kreisel und dann den Übernollaweg hoch, bis zum Schiesstand und folgte lange einer Naturstrasse.
Der Weg verlief mehrheitlich im Schatten, was heute sehr günstig viel. Nach etwa einer Stunde konnte ich links abbiegen und das letzte Stück steil im Wald über Wurzeln und Steinstufen bis zur Burg aufsteigen. Dabei kam ich dann doch noch recht ins Schwitzen und leicht ausser Atem. Über den Holzsteg betrat ich die Ruine, die eigentlich noch viel sichtbare Mauern aufweist. Sogar einen Rastplatz mit Tisch und Bänken fand ich vor und dort verbrachte ich eine Weile und genoss die Stille und die Burgenatmosphäre.
Anschliessend wollte ich weiter bis zum Maiensäss Saissa und dann in Richtung Rongellen und über den Crapteig nach Thusis zurücklaufen. Dazu musste ich die steile Flanke durchqueren, das heisst, nochmals etwas über zweihundert Höhenmeter dem Felsen entlang und im Wald hinaufsteigen. Zwar waren einzelne Stellen mit Ketten und Drahtseilen versehen, doch nicht wirklich dort, wo diese meiner Meinung nach nötig gewesen wären. Ich war froh um meine Wanderstöcke und über die Wurzeln und Äste, an denen ich mich gelegentlich festhalten konnte. Bald traf ich wieder auf den Fahrweg und kam in Saissa an, das Maiensäss wirkte jedoch verlassen, ich traf weder Tier noch Mensch. Der Weg führte gleich wieder im Wald abwärts, und dann wieder auf einem Fahrweg, dem ich bis zum Punkt Eggenhöhe folgten konnte. Dort hätte ich in Richtung Rongellen weiterwandern können. Ich folgte dem Wegweiser Crapteig und Thusis, ignorierte bewusst den nächsten Wegweiser nach Thusis und lief geradeaus weiter, bis ich zum Punkt Crapteig kam. Nun führt der Weg auf weichem Waldboden oberhalb dem Crapteig Tunnel weiter. Kurz vor Thusis kam ich noch zu einer Aussichtskanzel mit schönem Blick ins Domleschg, bevor dann noch der Abschluss, ein sehr abschüssiger und steiler Abstieg hinunter nach Thusis, kam. Auch hier gab es Ketten, doch die Witterung hat dem Weg stark zugesetzt, obwohl notdürftig in Stand gehalten ist der nicht unbedingt zu empfehlen. Kein Wunder, habe ich heute keinen Menschen hier angetroffen. Entdeckt habe ich diese Wanderung im Rother Wanderführer Chur-Hinterrhein, ansonsten finde ich kaum Berichte dazu im Internet
In Zukunft werde ich die Burg oben auf ihrem Felssockel doch eher von unten herauf betrachten.
