zu Marmorera und Bivio

Marmorera und Bivio

Quellnachweis: ein grosser Teil der Information stammt aus  aus dem Wanderführer ViaSett von Irene Schuler, örtlichen Informationstafeln oder dem Internet

Schon in meiner Kindheit erfuhr ich von Marmorera, dem Dorf das überflutet wurde und der Kirchturm bei niedrigem Wasserstand herausragte, ja dass sogar die Glocken noch bimmelten. Dies stimmt so natürlich nicht, jedenfalls trifft es nicht auf Marmorera zu, alle Gebäude wurden gesprengt, bevor das Dorf überflutet wurde. Trotzdem ist mir die Geschichte ziemlich eingefahren. Wenn immer ich an einen Stausee komme, denke ich an die damalige Bevölkerung und deren schmerzlichen Verlust ihrer Heimat. Pläne für eine Talsperre bei Marmorera soll es bereits im frühen 20. Jh. gegeben haben. Später, in den 40igern soll Zürich nach und nach Kaufverträge mit den Bauern abgeschlossen haben. Später sicherte sich Zürich die Konzession für den Bau eines Stausees. Die Männer von Marmorera stimmten mit zwei Ausnahmen dem Bau zu, die meisten hatten bereits Verträge über den Verkauf ihres Landes abgeschlossen. Wie wäre wohl der Entscheid gefallen, wenn die Frauen auch hätten abstimmen dürfen?

Marmorera_Dorf verkleinert

Unter dem Siegel der Verschwiegenheit wurden die Bauern einer nach dem andern zum Verkauf ihres Landes überstimmt. Dies stellte sich wohl nicht als schwierig dar, denn viele von ihnen waren nach dem Einbruch des Transitverkehrs verarmt. Die breite Öffentlichkeit erfuhr erst vom Projekt, als es bereits feststand. Dies war Absicht, man wollte vermeiden, dass ein weiteres Stauseeprojekt durch den Widerstand der Bevölkerung scheitert, wie Jahre zuvor das Rheinwaldprojekt. Eine Dorfgemeinschaft mit ihrer jahrzehntelangen Verbundenheit geriet damit in ein grosses Zerwürfnis. Viele zogen fort, einige siedelten um in das Gelände unterhalb der Staumauer, andere in den neu erstellten Dorfteil oberhalb des Sees. Das neue Marmorera steht heute unscheinbar oberhalb der Passstrasse, ein Dorf ohne Geschichte….. eine Sackgasse.

 

Bivio jedoch, mit seinen historischen Gebäuden, (wenn auch die alte Sust nicht mehr steht) ist einen Besuch und ein Verweilen durchaus wert.

Bivio bildete, zusammen mit Marmorera und dem Avers hinter dem Stallerberg, schon früh eine eigene Einheit. Es behielt lange seine Eigenständigkeit und blieb vom Rest des Sursers unabhängig. Dies war gut möglich, solange die Bauernhöfe auf Selbstversorgung ausgerichtet waren. Bivio bedeutet“Wegscheide“. Seit Urzeiten ist es mit dem Bergell durch den Septimerpass eng verbunden. Die Bergeller brachten ihr Vieh auf die Seite von Bivio zur Weide. So hat sich auch die Vielsprachlichkeit  ergeben. Bivio hat zwar seinen eigenen Dialekt das „Bivianisch“ dem Italienisch ähnlich, es wird aber auch romanisch, Italienisch und nicht erst seit dem Aufkommen des Tourismus, auch Deutsch gesprochen, den über den Stallerberg waren sie schon lange Zeit in regem Austausch mit den um Avers lebenden deutschsprachigen Walsern.

Das Dorf darf sich meiner Meinung gerne als „die Perle am Julier“ nennen.

03_Bivio_IMG_1191
„wohin darf es gehen“ Wegweiser in Bivio

Ein Gedanke zu “zu Marmorera und Bivio

  1. Martha

    Sehr interessante Hintergrund-Informationen. Die Entstehung der Stauseen bedeutete meist eine grosse Veränderung für Mensch und Natur.
    Beim Staudamm steht noch heute das Gruppenhaus Scalotta, wo mein Bruder in den 70ern ein Schulferienlager miterleben durfte.

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